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Autorenbildroswithazatlokal

06.01.2021


Liebes Tagebuch!

Mein Frauli hat ein Geheimnis vor mir. Sie tut zwar so als hätte sie keines, aber ich weiß ganz genau, sie hat eines. Verstehst du?

Sobald ich die Küche betrete, knallt sie das Küchenkastl oder den Kühlschrank zu und kann mich gar nicht anschauen dabei. Wahrscheinlich vor lauter schlechtem Gewissen. Aber ich komm schon noch drauf, was da gespielt wird.


Ich tu jetzt einfach so, als würde ich die Stufen hoch gehen ins Schlafzimmer. Dabei trapple ich extra laut mit den Pfoten auf die Stiegen und maunze ein Lied. So kann sie gar nicht überhören, dass ich mich von ihr entferne.


Oben angekommen drehe ich mich um und was sehe ich? Frauli. Sie überprüft wohl, ob ich endlich weg bin. Ich winke ihr freundlich zu und verschwinde im Büro. Dort zähle ich langsam bis zehn und schleiche mich wieder hinaus. Vorsichtig, ganz vorsichtig krieche ich die Stufen hinunter. Ich getraue mich nicht einmal zu atmen aus Angst, Frauli könnte mich entdecken. Kurz vor dem Ersticken hole ich ganz tief Luft. Tief in mir drinnen halte ich sie fest und lausche regungslos. Nichts. Vorsichtig und so leise wie möglich atme ich wieder aus.

Kriechend bewege ich mich Richtung Küche. Der Teppich kitzelt mich am Bauch und ich muss mich echt zusammen reißen, um nicht zu kichern. Ich zwänge mich unter Fraulis Schuhablage, was gar nicht einmal so einfach ist. Mir scheint, der Abstand zum Boden ist geringer geworden. Das kommt wahrscheinlich von der Menge an Schuhen, die Frauli reinstopft. Kein Wunder, dass die Ablage durchhängt. Früher habe ich da locker drunter gepasst.


Und da höre ich es! Frauli öffnet die Kühlschranktür. Ich mache mich bereit zum Sprung in die Küche, stoße mich mit den Hinterpfoten ab und … Das Regal wackelt gewaltig. Ein Erdbeben! Sämtliche Schuhe fallen herunter und mir auf den Kopf. Hilfe, wir werden alle sterben!


„Hanni, was machst du denn mit meiner Schuhablage? Da passt du doch nicht drunter, dafür bist du doch viel zu dick!“ Frauli steht kichernd in der Küchentür.

Was heißt hier zu dick? Frechheit! Kann ich etwas dafür, wenn die Erde bebt und ihr überladenes Regal zusammenbricht?

Und jetzt sehe ich es, das Stück Schinken in ihrer Hand. Natürlich, warum bin ich nicht gleich drauf gekommen! Sie isst heimlich. Sie will mir nichts abgeben. Wie kann man nur so neidig sein. Pfff!

Sie bemerkt meinen Blick, der den Schinken fixiert. „Oh, ja, äh …“

„Was äh?“ Ich bin jetzt echt beleidigt.

„Nun, meine Süße, um deiner Gesundheit Willen habe ich mir gedacht, ich … äh … halte mich in deiner Gegenwart etwas mit dem Essen zurück.“ Sie grinst mich unsicher an.

„Du findest, ich bin zu dick?“ Also, wenn das keine Frechheit ist, liebes Tagebuch.

„Aber nein. Nur … äh … man sollte halt nicht zu viel Wurst und so essen. Ausgewogene Ernährung und so, du weißt schon. Auch als Miezekatze.“

„Du bist gemein.“ Beleidigt lasse ich sie stehen, stapfe wütend zur Treppe.

„Wie wäre es heute Abend mit Fisch? Der ist gesund, hat wenig Kalorien …“, versucht sie mich zu versöhnen.

„Mit Karotten und Erbsen?“ Ich liebe Karotten und Erbsen.

„Okay.“

„Und Kartoffeln?“

„Übertreib es nicht, Hanni.“

„Pfff!“



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