Liebes Tagebuch,
stell dir vor, was zu Ostern passiert ist: Nichts! Ja, du hörst richtig! Nix ist passiert. Kein Osterhase, kein als Osterhase verkleidetes Frauli. Einfach nichts. Ist das zu fassen?
Und dabei sind die Nanni und ich echt abwechselnd auf der Lauer gelegen, um das Rätsel vom hoppelnden Hasen endlich aufzuklären. Aber da war nix, ehrlich. Und in der Früh dann das:
Jetzt sitzen wir also da, die Nanni und ich, und glotzen in ein Nest mit bunten Vogeleiern.
„Vielleicht hätten wir uns aufteilen sollen“, grübelt die doofe Nuss. „Du draußen und ich herinnen.“
„Wieso ich draußen? Du bist doch die Draußen-Katze, nicht ich.“ Also Einfälle hat die Braungestreifte manchmal. Ich und draußen. In der Nacht. Pfff!
„Auf alle Fälle war der Hase da und wir haben ihn verpasst.“ Nanni leckt sich ihre Pfote und putzt sich damit über die Schnauze. "Dann halt nächstes Jahr."
„Woher hat der Hase die Eier?“, frage ich kurz darauf Frauli. „Hasen legen keine Eier. Noch dazu bemalt. Das ist wider der Natur.“
„Äh, nun ja … Also der Hase hat einen Vertrag mit den Hühnern. Und die Hühner legen die Eier und liefern sie bei ihm ab“, stottert Frauli.
„Bemalt?“ Misstrauisch beäuge ich sie. Die glaubt echt, ich bin blöd.
„Äh, na ja … Das ist wie beim Christkind. Da gibt es doch auch die Feenwerkstatt. Und der Hase hat seine Hasenwerkstatt.“
„Da sitzen lauter Hasen und malen?“ Ich fasse es nicht. „Wie soll denn das gehen. Schau dir doch nur die Hoppelviecher an. Die können doch keinen Pinsel halten.“
„Äh … Du schreibst doch auch Tagebuch.“
„Aber das ist doch ganz etwas anderes. Ich bin eine Katze.“
„Eben. Katzen schreiben keine Tagebücher.“
„Sagt wer?“
„Äh … die Leute.“
„Pfff!“ Ich lege meine Stirn in Falten. „Du behauptest also allen Ernstes, dass du nicht der Osterhase bist.“
„Genau.“ Erleichtert über meine Erkenntnis strahlt mich Frauli an.
„Weiters behauptest du, dass der Osterhase einen Vertrag mit einigen Legehennen hat, und die beliefern ihn rechtzeitig mit gaaaanz vielen Eier.“
„Jap!“ Frauli hält beide Daumen hoch.
„Der Hase bemalt diese mit seinen Freunden, stopft sie in süße kleine Körbchen und liefert diese bei uns ab.“
„Jetzt hast du`s.“
Wieder lege ich meine Stirn in Falten. „Der Weihnachtsmann hat seine Feenwerkstatt und seinen Schlitten, mit dem er die Geschenke ausliefert. Das Christkind hat ebenfalls eine Feenwerkstatt. Ist das eigentlich die vom Weihnachtsmann oder hat es eine eigene? Und wer war als erstes da, der Weihnachtsmann oder das Christkind. Und wieso ist der Weihnachtsmann immer fröhlich, das Christkind aber nicht. Und wie macht das Christkind das mit der Auslieferung?“
Frauli stöhnt laut auf. „Äh, das besprechen wir ein anderes Mal, Hanni.“ Frauli tätschelt meinen Kopf.
„Bleibt auch noch die Frage, womit liefert der Osterhase seine Osternester aus. Da muss doch eine Wahnsinnslogistik dahinter stecken.“ Ich trommle ungeduldig mit meiner Pfote auf den Tisch. „Also?“
„Hanni, es gibt Dinge im Leben, die kann man nicht erklären. Die sind … wie soll ich sagen …“
„Unerklärlich?“, helfe ich ihr.
„Genau. Die passieren einfach. Wenn man immer alles zerlegt, geht doch der ganze Zauber verloren. Also lass es gut sein. Freu dich doch, dass der Osterhase ein paar Leckerlis in dein Nest gelegt hat.“
„Das ist auch so eine Sache. Woher hat der Osterhase …“
„Haaaannnniiiii!“ Frauli knallt mit der Stirn auf den Schreibtisch. „Ich kann nicht mehr“, schluchzt sie. „Bitte, lass es einfach gut sein.“
„Okay.“ Ich drehe mich um, schlendere zu Nanni ins Wohnzimmer.
„Und?“, fragt sie neugierig.
„Die ist stur, aus der bringst du nix raus. Ich glaube Frauli hatte gerade eben einen Nervenzusammenbruch. Die ist echt nicht belastbar. Ich glaube, sie wird alt.“ Wir kichern beide.
Frauli an Tagebuch:
Ich glaube, ich muss der Hanni sagen, wie das so ist mit dem Christkind und dem Osterhasen. Andererseits … Es ist so süß, wenn sie mit großen Kulleraugen ihre Geschenke sieht.
Habe ich das gerade wirklich gedacht?
Am besten, ich ruf gleich einmal diese neue Therapeutin an, von der alle so schwärmen.
„Frau Dr. Steinfeld? Zatlokal am Apparat. Ich brauche dringend einen Gesprächstermin. Nein, ich bin noch nie bei Ihnen gewesen. Worum es geht? Das ist schwer zu erklären am Telefon. Kann ich nicht einfach … Also gut, es geht um meine Katze Hanni. Wieso lachen Sie? Woher … Oh, auf einem Kongress. Aha. Nächste Woche? Ja, gerne.“
Sachen gibt`s, liebes Tagebuch. Die haben letztens bei einem Kongress das Thema „Menschen und ihre Haustiere“ behandelt und da hat doch tatsächlich ein Kollege von einer Katze namens Hanni erzählt. Wenn das kein Zufall ist.
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