Liebes Tagebuch,
die Nanni ist heute schon den ganzen Tag unterwegs, kommt nur zum Essen heim. Keine Ahnung, was die treibt. Anscheinend gibt es heute auch kein Yoga. Darüber bin ich aber gar nicht böse. Da muss ich wenigstens bei diesem nasskalten Wetter nicht hinaus auf die Terrasse gehen und so tun, als würde mir das alles Spaß machen. Obwohl, so schlecht ist es ja nun auch wieder nicht, dieses Yoga.
„Hanni! Wieso liegst du auf meinem frisch gewaschenen Pullover?“ Tu ich ja gar nicht. Der hängt schon die ganze Zeit da herum. So viel zu frisch gewaschen. „Wie oft soll ich dir noch sagen, dass du das lassen sollst?“ Was denn? „Wieso ziehst du meine Sachen vom Wäscheständer hinunter?“ Mach ich doch gar nicht, der Pulli ist mir entgegen gerutscht.
Frauli zieht mir den Pullover unterm Popsch weg. „Aua!“, entschlüpft es mir.
„Sei froh, dass ich dir nicht zur Strafe deine Guttis streiche.“ Pfff! „Beim nächsten Mal werde ich das bestimmt.“ Woher will die wissen, dass der Pullover nicht von alleine runtergerutscht ist und ich nur zufällig drauf liege? „Und ich glaube nicht, dass der Pulli urplötzlich von alleine runterfällt.“ Pfff!
Sie untersucht den Pullover nach Spuren von mir. Na klar, sind da welche drauf, immerhin habe ich darauf geschlafen. Fehlt nur noch, dass ich jetzt zum DNA-Test muss. „Ha, da ist ein Faden gezogen. Siehst du?“ Sie hält mir einen Ärmel unter die Nase. „Ich wusste es“, triumphiert sie. Mensch, was die für einen Aufwand betreibt. Und dabei ist der Pullover nicht einmal schön. Die Farbe ok, aber der Schnitt?
Um nicht aufzufallen schleiche ich betont langsam aus dem Raum. Zumindest versuche ich es.
„He, du! Du kannst mich doch jetzt nicht einfach so stehen lassen! Ich rede mit dir!“ Kann ich nicht? Kurz halte ich inne. Hinter mir steht Frauli. Sie hat roten Flecken auf den Wangen, in der Hand hält sie noch immer den geschmacklosen Pullover. Ich an ihrer Stelle wäre froh, wenn ich das Ding los wäre.
„Hanni!“
„Was???“ Jetzt reicht es mir aber. Was will sie denn noch?
„Du könntest dich wenigstens entschuldigen, wenn du meine Sachen kaputt machst.“ Kurz überlege ich, ob sich da eine neue Tür für mich öffnet. Wenn ich mich also jedes Mal entschuldige, …
„Denk nicht einmal dran!“ Fraulis Stimme klingt extrem genervt. Diese Frau ist mir echt unheimlich. Woher will die wissen, was ich denke? Und wenn sie es weiß, woher? Wie macht die das?
„Kann ich jetzt gehen?“, schnurre ich sie an und wickle dabei meinen Schwanz um ihre Wade.
„Wenn du glaubst, du kannst mich auf diese Weise rumkriegen, dann …“
Peng! Das Geräusch der zufallenden Katzenklappe donnert durch das ganze Haus. So schnell wir können rennen wir die Stufen hinunter ins Wohnzimmer. Wobei rennen ja nicht gerade der passende Ausdruck für Fraulis Fortbewegungsart ist. Sie humpelt mit ihren Krücken die Stiege hinunter und schreit die ganze Zeit: „Nanni, ist etwas passiert?“
Die doofe Nuss sitzt auf dem Kratzbaum, den Blick starr geradeaus gerichtet. Sie scheint irgendetwas auf der Terrasse zu hypnotisieren. Ah, jetzt sehe ich ihn. Der rote Dominik.
„Na, der Honeymoon vorbei?“ Ich kann es mir einfach nicht verkneifen.
„Ich will nicht darüber reden.“
„Sind wir noch mit ihm befreundet oder hassen wir ihn?“
„Weder noch. Wir mögen ihn nicht mehr.“
„Okay.“ Ich setze mich vor die Terrassentür, strecke meine Zunge heraus und mache ganz laut: „Bäääh!“
„Hanni!“ Die Nanni ist gar nicht angetan von meiner Aktion.
„Was denn? Wenn er dir blöd kommt, dann kriegt er es eben mit mir zu tun.“ Grinsend winke ich hinaus.
Gerade wie der Rote den Kopf durch die Klappe hereinsteckt, humpelt Frauli um die Kurve. Gott sei Dank, ihr Timing stimmt auch mit Krücken hervorragend.
„Böser Kater, ganz böser Kater. Bleib draußen.“ Ihre Stimme klingt eher liebevoll als zornig, was Dominik zu irritieren scheint. Er kennt halt unser Frauli nicht. Frauli tätschelt ihm den Kopf. „Da darfst du nicht herein. Da fürchten sich meine Mädchen. Geh heim.“ Verblüfft zieht sich der Rote zurück.
„Wo ist mein Waschlappen. Ich muss mich kurz hinlegen“ murmelt Frauli und humpelt wieder die Stiegen hinauf. Die sehen wir heute so schnell nicht wieder.
„Was war denn jetzt mit dir und Dominik?“, will ich von Nanni wissen.
„Ach, er hat gemeint, er jagt mich wieder ein bisserl, weil das so lustig ist. Und bevor ich ihn davon hab abhalten können, hat er mir eine auf den Popsch gehauen und mich an den Ohren gezupft und so.“
„Und dann bist du losgelaufen?“
„Ja. Und er hinter mir her. Er wollte partout nicht damit aufhören, obwohl ich ihn mehrmals darum gebeten hab.“
„Männer! Die sind doch wirklich alle gleich!“ Ich schüttle den Kopf, verdrehe die Augen zum Himmel. „Genau das sagen sie auch andauernd im Fernsehen. Wollen wir ein wenig meditieren?“
„Okay.“
コメント