Liebes Tagebuch,
ich bin es, Frauli. Ich muss dir unbedingt etwas erzählen.
Ich parke gerade vor dem Haus ein, da biegen die Meiers um die Ecke. Ich sofort: „Oh, ich schaue gleich nach, ob der Bertl bei uns ist.“
„Nicht nötig, er schläft zu Hause.“ Frau Meier grinst mich an. „Wir wollten uns nur für die lustige Weihnachtskarte bedanken. So etwas muss einem erst einmal einfallen. Hihihi!“
„Ja, hahahaha!“, stimmt ihr Herr Meier zu.
„Weihnachtskarte?“ Weihnachtskarte! Jetzt dämmert es mir.
„Eine so liebe Idee. Einfach so zu tun, als hätte sie ihre Hanni geschrieben. Wir haben sie heute erst gefunden. Sie war unter Bertls Spielzeug versteckt. Also wirklich, so lieb. Danke schön.“
„Bitte, gerne.“ Ich drehe mich winkend weg, will ins Haus flüchten, habe aber nicht mit der Hartnäckigkeit von Frau Meier gerechnet.
„Die Frau Drombach ums Eck hat erzählt, ihre beiden Kater hätten ebenfalls eine Karte erhalten. Sie hat sie in ihrem Körbchen gefunden.“
Au weia. Aber jetzt weiß ich wenigstens das Maximilian und Dominik mit Nachnamen Drombach heißen.
„Frau Drombach hat sich zuerst ja gar nicht ausgekannt. Wissen Sie, wir treffen uns immer auf ein Schwätzchen. Und wie sie mir von dieser komischen Karte erzählt, wusste ich natürlich sofort, dass die Karte nur von Ihnen sein kann. Ich hab ja die beiden Drombach-Lauser schon öfter in Ihrem Garten gesehen. Und so haben wir eins und eins zusammen gezählt.“ Frau Meier strahlt mich freundlich an.
„Ja, Ihre Idee finden mittlerweile alle total lustig“, mischt sich jetzt auch Herr Meier ein.
„Alle?“ Fragend schaue ich ihn an.
„Ja, alle hier in unserer Straße. Aber das passt ja zu Ihnen, nicht wahr. Sie machen doch Lachyoga. Da ist es doch klar, dass man auch zu Späßchen aufgelegt ist, nicht wahr. Also uns hat sie ein herzliches Lachen beschert, Ihre Aktion.“
„Wirklich? Das freut mich aber.“ Erde tu dich auf. Verschlinge mich. Lass mich woanders wieder hervorkriechen.
„Juchu, Frau Zatlokal!“, ertönt es hinter mir.
„Oh, die Frau Drombach. Guten Tag.“ Frau Meier winkt ihr freudig zu.
„Ich wusste gleich, dass Sie das sind. Also, die Katzenmama von der Hanni. Weil ich kenn sie ja aus der Zeitung vom Lachyoga. Nein, auf so eine Idee muss man erst einmal kommen. Die Miezekatze schreibt Weihnachtskarten. So süß!“
„Guten Tag, freut mich, dass es Sie freut“, stammle ich dämlich grinsend. Ich fürchte, ich muss weg ziehen. Mein Ruf ist ruiniert. Die halten mich alle für beklopft.
„Wissen Sie, ich bewundere ja so Leute wie Sie. Die Clini-Clowns und all die Menschen, die versuchen das Lachen unter die Menschen zu bringen. Das ist sicherlich gar nicht so einfach, oder? Immerhin könnten das ja einige mißverstehen. Wenn mir die Frau Meier nicht erzählt hätte, dass meine Lausebengel bei Ihnen herumhängen, hätte ich mir gedacht, die spinnt, die Frau Zatlokal. Aber so. Eine wirklich reizende Idee.“ Sie winkt uns noch einmal zu und entschwindet unseren Blicken.
„Einen guten Rutsch, falls wir uns vorher nicht mehr sehen.“ Die Meiers grinsen mich freundlich -oder eher mitleidig? - an und gehen nach Hause.
Nur ich bleibe zurück. Verdattert. Verschämt. Ratlos.
Muss ich jetzt ständig mit einer Kaputze übern Kopf herum laufen? Meinen die das ernst mit der witzigen Idee oder verscheißern die mich?
Ich hätte die Karten verbrennen sollen. Aber nein, ich wollte ja Hannis Gefühle nicht verletzen. Die Gefühle meiner Miezekatze sind ja viel wichtiger als mein Ansehen hier in der Gasse. Pfff!
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